„Was wollt Ihr denn mit so viel Strom?“ fragte der Nachbar. „Verheizen“ entgegnete ich. Und das trifft es wohl auch ganz gut. Denn mittlerweile haben wir die Warmwasserbereitung weitgehend elektrifiziert. In den Apartments „Zur Milchstraße“ und „Bungsbergblick“ sind schon länger hydraulische Durchlauferhitzer installiert. In der „Alte Kate“ haben wir vergangenes Jahr einen elektrisch betriebenen Speicher installieren lassen. Und noch in diesem Jahr wird unsere eigene Warmwasserbereitung mit einem Heizstab im Pufferspeicher ermöglicht. Darüber hinaus hängt unser Auto an einer Wallbox und wird künftig mit unserem eignen Strom betankt .

Auf eine jährliche Leistung von 20 Kwp ist die PV-Anlage ausgelegt. Das ist tatsächlich mehr, als bei uns aktuell verbraucht wird. Doch wir werden einen Teil der Energie speichern und den Rest ins Netz abgeben. Das wird zwar nicht wirklich fair vergütet. Aber die jährlichen Wartungskosten könnte die Einspeisung durchaus decken. Die Kosten für so eine Anlage sind zwar nicht unerheblich. Doch aktuell haben wir jährlich Stromkosten in Höhe von rund 3.500 Euro. Wohin sich der Strompreis entwickeln wird, kann niemand so genau sagen. Vermutlich wird er nicht geringer. Nach derzeitiger Berechnung wird sich unsere PV-Anlage in etwa 11 Jahren amortisiert haben.

Der Weg zur eigenen PV-Anlage ist etwas holprig. Sechs Unternehmen haben uns Angebote unterbreitet. Zuvor haben wir selbst viel über die Bedingungen und Fallstricke beim Erwerb einer solchen Anlage gelesen. Doch schon beim ersten Angebot, das uns digital ins Haus flatterte, taten sich erste Bedenken hinsichtlich der Vermarktungsstrategien auf. „In nur 6 Wochen ist Ihre neue PV-Anlage installiert“, war dort zu lesen. Das überraschte uns. Gerade weil wir gehört hatten, dass die Solar-Branche aktuell aus allen Nähten bricht und händeringend nach geeignetem Personal für die Installation sucht.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

 

Der lokale Heizungsinstallateur empfahl dann auch gleich einen „kompetenten“ Partner, der sogar in der Nähe ansässig ist. Keine 12 Stunden vergingen, bis das schicke Mercedes Cabrio auf den Hof rollte. „Wir können doch ‚Du‘ sagen“, lockerte der freundliche Herr gleich zu Beginn das Gespräch auf. „So, wo wollt Ihr denn die Anlage hin haben?“ fragte er auch direkt hinterher. Wir zeigten ihm die Flächen, die aus unserer Sicht geeignet wären. Anhand eines Online-Planungstools wurde uns dies zuvor auch bestätigt. „Jaaa, ist ja alles kein Problem!“, bestätigte der kompetente Herr aus Hamburg.

Doch all unseren Fragen nach einer Statikberechnung für die jeweiligen Flächen und nach einem geeigneten Speicher, sowie dem idealen Standort für den Speicher, wurde geschickt ausgewichen. „Das sehen wir dann alles nachher bei der Installation.“ hieß es. Woher denn die Installateure überhaupt kommen, wollten wir wissen. Schließlich könne es ja auch mal zu unvorhergesehenen Schwierigkeiten kommen und dann wäre es ja nicht so toll, wenn die mehrere hundert Kilometer zurücklegen müssten. „Nein, nein…“, wurde uns versichert, „… wir bauen gerade unser eigenes Team auf und die sind dann auch hier in der Nähe. Außerdem: Was soll denn da schief gehen?“ Mir fällt dazu so einiges ein: Fehlende Teile, unvorhersehbare bauliche Einschränkungen, Wetterkapriolen während der Installationsphase …

Verkaufen können viele, aber…

Die Installation hat begonnen

 

Keine 24 Stunden später lag das schriftliche Angebot vor. Berechnet an unserem aktuellen Stromverbrauch von rund 9.000 Kw/h pro Jahr wurde uns eine Anlage mit 11 Kwp zum Gesamtpreis von rund 40.000 Euro angeboten. Auch hier hieß es wieder: Wenn heute der Auftrag erteilt wird, habt Ihr in 6 Wochen Eure Anlage. Kein Wort zu all den Fragen, die wir dem netten Herrn mit den schicken Golfschuhen mit auf den Weg gegeben hatten. Aber immerhin: „Wir liefern nur Glas-Glas Module. Die Glas-Folie Module halten ja nicht so lange und geraten auch schon mal gerne in Brand.“

Aha.

Nachtijall, ick hör dir trapsen

 

Ungefähr zeitgleich trudelte wieder der wöchentliche Newsletter von Finanztip.de in den virtuellen Briefkasten. Diesmal mit einigen wichtigen Fakten zum Thema Solarenergie. Empfohlen wurden auch zwei Portale, auf denen man sich unverbindlich informieren könne. Diese unverbindlichen Informationen führten jedoch unmittelbar dazu, dass wir binnen kürzester Zeit von weiteren Vertriebsleuten kontaktiert wurden.

Da es nie falsch sein kann, sich verschiedene Angebote anzusehen, ließen wir uns auf zwei weitere Termine ein.

Eine junge Dame trat auf den Plan. Abgesehen vom extremen Canabis-Duft, den sie verströmte, entpuppte sie sich als exzellente Verkäuferin. Dennoch glichen ihre Aussagen annähernd denen des seriösen Herrn aus Hamburg. Als wir auf den Speicher zu sprechen kamen, klärte uns diese Dame auf, dass es mittlerweile deutlich bessere Speicher gäbe. Eisen-Phosphat Speicher seien der neue Hit. Nachvollziehbar, da diese Dinger weniger Gefahr laufen in Brand zu geraten, als die alten Lithium Akkus. Darüber hinaus erfuhren wir nun auch, dass nicht alle Speicher auch die gesamte gespeicherte Energie zur Nutzung abgeben. Einige Speicher geben lediglich etwas mehr als Hälfte der gespeicherten Energie wieder ab. Aha. Hat uns zuvor auch niemand erklärt. Grob über den Daumen kalkuliert, würde die Anlage dieses Leipziger Unternehmens mit 11 Kwp – tataaa – rund 40.000 Euro kosten. Und: Wenn Sie heute unterschreiben, haben Sie in 6 Wochen Ihre PV-Anlage auf dem Dach.

Die Fallstricke im Kleingedruckten

 

Ok, und dann dann fließt auch schon Strom in unser heimisches Netz? „Nein, also das liegt dann nicht mehr in unserer Macht. Das hängt ja dann vom Netzbetreiber ab. Aber immerhin genießen Sie bei uns ja den Vorteil, dass Sie erst nach vollständiger Installation bezahlen. Keine Vorkasse, keine Anzahlung.“

Etwa eine Woche später besuchte uns die kompetent-bekiffte Dame abermals. Diesmal, um das konkrete Angebot zu besprechen. Man habe nun doch etwas höher kalkuliert, weil es die Fläche bei uns ja hergibt. 18 Kwp wolle man nun installieren. „Sie wollen ja die Glas-Glas Module und den Eisen-Phosphat Speicher, habe ich so rausgehört. Da wird es dann etwas teurer. Aber Sie müssen ja nichts anzahlen.“ 52.000 Euro sind es dann doch geworden. „Aber, wenn Sie heute unterschreiben… “

Wir haben uns die Zeit erbeten, das Angebot in Ruhe zu prüfen. Das haben wir am folgenden Wochenende getan. Zwar stand auf dem Angebot, dass die gesamte Anlage erst nach Installation zu bezahlen sei. Im Kleingedruckten der AGB fanden wir dann allerdings einen Passus, in dem erklärt wurde, dass es dem Anbieter obliegt, unmittelbar nach Vertragsschluss 60 Prozent der Gesamtsumme einzufordern. Ein Blick in die Bewertungen des Unternehmens öffnete dann wirklich die Augen. Zahlreiche Kunden waren auf diesen Passus hereingefallen. Problematisch wurde es dann für viele Kunden, weil die Anlage zwar installiert wurde, Teile aber fehlten und zum Teil nach einem Dreivierteljahr noch nicht nachgeliefert wurden. Bei anderen wurde zwar Material angeliefert, doch der Spediteur verlangte dann entgegen der Vereinbarung sofort die gesamte Summe für das angelieferte Material, obwohl die Anzahlung in Höhe von 60 Prozent bereits geleistet wurde. Weitere Kunden beklagten, dass Installationsteams aus Osteuropa die Anlage zwar installiert hätten, reklamierte Nacharbeiten jedoch nie erfolgten.

Alternative Fakten

 

Wir ließen also die Finger von diesem Unternehmen und wandten uns dem nächsten Verkäufer zu. Ein sehr höflicher junger Mann aus Kiel besuchte uns. Sein Angebot für eine 13 Kwp Anlage mit Lithium Speicher und Glas-Kunststoff Modulen lag bei gerade mal 33.000 Euro. Und wenn Sie heute unterschreiben…

Der eloquente junge Mann versicherte uns, dass seine Firma in Mecklenburg-Vorpommern ansässig sei und von dort auch das Installationsteam anreisen würde. Unser mittlerweile geschulter Blick ins Internet verriet einen Firmensitz in einem kleinen Dorf in der sächsischen Lausitz. Ein weiterer Blick via Google Earth offenbarte ein ganz normales kleines Ferienhaus in einer Wohnsiedlung des Dorfes. Die Adress-Recherche ergab, dass in diesem Ferienhaus mindestens 14 Firmen aus Polen ihren Firmensitz haben. Ganz schön kuschelig. Aber bestimmt kein guter Partner, um 33.000 Euro zu versenken.

Der nächste, bitte! Je länger wir uns mit der Thematik beschäftigten, umso mehr wuchs das Verlangen nach einem lokal ansässigen Partner. Im nahegelegenen Eutin wirbt ein alteingesessenes Unternehmen mit der Installation von Komplettanlagen. Also ab ins Auto und gucken. Im Untergeschoss der Ausstellung dann der Lichtblick: Solar-Module unterschiedlicher Bauart, Speicher, Wechselrichter. Also alles, was wir brauchen. „Solar macht unser Junior-Chef. Der meldet sich dann bei Ihnen mit dem Angebot.“

Viel heiße Luft

Tut er nicht. Also frage ich nochmal nach. Und siehe da, ich bekomme den Junior-Chef direkt ans Telefon. „Hm, ja, mit PV das ist schwierig. Da sind wir aktuell nicht so richtig im Thema. Aber ich kann mal was zusammenstellen und dann lasse ich Ihnen ein Angebot zukommen. Das kann aber dauern, weil die Hersteller jetzt alle total überlastet sind.“ Finden wir komisch, wo uns doch gerade alle erzählen in 6 Wochen… Wir dem auch sei. Es kommt kein Angebot und nach 3 Wochen frage ich nochmal ganz höflich an. Am Telefon erhalte ich die Auskunft, dass jetzt alle Zahlen vorlägen und das Angebot per Mail zugestellt würde. Das passiert tatsächlich. Nun sind wir bei rund 17 Kwp für 53.000 Euro mit Solar-Modulen, deren Leistung auf dem Stand von 2010 liegt.

Hobstin – wo das Gute so nah ist

Das dritte von insgesamt 49 Modulen wird installiert

Ein Blick auf die Scheune des Nachbarn verrät, dass seine PV-Anlage von der Firma dibu-energie aus Fehmarn gebaut wurde. Die sind uns nicht ganz fremd, weil ein Installationsteam von denen schon einmal für 3 Wochen bei uns gewohnt hat. Damals hatte ich mit dem Teamleiter gesprochen, der mir jedoch signalisierte, seine Firma sei völlig überlastet und hätte zu wenig Personal. Egal, ich versuche es jetzt doch mal bei dibu, dachte ich mir. Eine freundliche Mitarbeiterin bestätigte am Telefon, dass es eine Weile dauern könne, bis der Chef sich meldet. Doch so allzu lange mussten wir dann doch nicht warten und Herr Bruhn rollte lautlos mit seinem E-Auto auf unseren Hof.

Endlich! Geballte Kompetenz streift mit Klemmbrett in der Hand durch unsere Räume und den Garten. Alles wird genau in Augenschein genommen und notiert. „Hamse schonmal mit nem Statiker gesprochen? Würd‘ ich mal machen.“, empfahl Jan Bruhn. „Wo liegt denn überhaupt der Hauptanschluss? Ach da! Und das Kabel hier geht ins Nebenbgebäude? So so, dass sieht ja schonmal nicht schlecht aus.“

Schritt für Schritt zur sinnvollen Lösung

Herr Bruhn klärt uns auch über die beste Vorgehensweise auf. Er kalkuliert ein Angebot. Das besprechen wir. Und dann stellt er eine Anfrage an den Netzbetreiber, um festzustellen, ob es überhaupt möglich ist, hier im Dorf eine weitere Anlage an Netz zu bringen. Wenn das bestätigt wird, erfolgt der Antrag auf Netzeinspeisung. Wenn der genehmigt ist, bestellt dibu das Material. Aha! Endlich mal eine Strategie. Endlich mal jemand mit Kompetenz.

Zwar verlangt auch dibu Abschlagszahlungen. Doch diesem Unternehmen vertraue ich, da sie damals auch anstandslos die Miete bei uns bezahlt haben und mittlerweile drei PV-Anlagen von dibu bei uns im Dorf installiert wurden. Erstmals werden wir nicht mit den berühmten 6 Wochen geködert. Herr Bruhn schickt gleich vorweg, dass die Installation nicht vor Mitte des Folgejahres erfolgen kann. Das ist uns recht. Schließlich können wir bis dahin in Ruhe einen Statiker beauftragen und die Räumlichkeiten für die Aufstellung des Speichers herrichten. Insgesamt überzeugt dann auch das Angebot von dibu-energie. Rund 43.000 Euro wird uns die Anlage kosten. Doch dafür haben wir einen 11 Kw Eisen-Phosphat Speicher und eine 20 Kwp-Anlage in Süd, Süd-Ost und West Ausrichtung.

Das wichtigste ist für uns jedoch, dass wir eine Firma aus der Umgebung gefunden haben. Sollte es ein Problem geben, kann binnen einer Stunde jemand hier sein, um Abhilfe zu schaffen. dibu verfügt über zwei eigene Installationsteams, die ebenfalls hier zu Hause sind und nicht nach der Installation im Nirwana verschwinden.

Prüfe genau, was wichtig ist

 

Wer sich ebenfalls mit dem Gedanken trägt, eine PV-Anlage installieren zu lassen, sollte in jedem Fall mit Zeit und Geduld an das Thema heran gehen. Es gibt diverse Dinge zu berücksichtigen, die von Internet-Verkäufern nicht immer kommuniziert werden. Hier noch einmal ein paar Punkte zusammengefasst:

  • Wo ist das Unternehmen ansässig?
  • Wer berät Euch? Fachmann oder Verkäufer?
  • Ist die Statik für die Installation gegeben?
  • Woher kommen die Installations-Teams?
  • Ist am Ort die Einspeisung von Überschuss ins Netz möglich?
  • Genehmigt der Netzbetreiber die Einspeisung ins Netz?
  • Wer stellt die Anträge beim Netzbetreiber?
  • Welche Module kommen für mich in Betracht? Glas-Glas oder Glas-Folie?
  • Brauche ich einen Speicher?
  • Gibt es eine Notstromversorgung?
  • Kann der Speicher die gespeicherte Energie in großer Menge abgeben?
  • Eine installierte Anlage liefert noch lange keinen Strom!

Viele Verkäufer raten von Glas-Folie Modulen ab, weil deren Lebensdauer und Stabilität angeblich minderwertig ist. Fakt ist: In unserer Nachbarschaft sind Anlagen mit Glas-Folie Modulen seit mehr als 20 Jahren in Betrieb und sie liefern noch immer mehr als 80 % Leistung. Gebrannt hat noch keine der Anlagen.

Derzeit wird auf die Kosten für eine PV-Anlage keine Mehrwertsteuer erhoben. Das ist vielleicht nicht günstiger, als eine KfW geförderte Anlage. Dafür ist bei der Mehrwertsteuer-Lösung auch nicht die teure energetische Sanierung bindend, die bei den Solar-Förderungen zumeist notwendig wird.

Es ist zwar möglich, dass Ihr in 6 Wochen eine Anlage installiert bekommt. Doch bis die Anlage vom Netzbetreiber freigegeben wird, kann es Monate dauern. Traut niemandem, der Euch verspricht, dass in 6 Wochen Strom fließt. Schaut genau, wem Ihr wann wieviel Geld überweisen müsst.

Unser persönliches Fazit: Hände weg von Online-Angeboten.